Ins Kerngeschäft und strategische Felder investieren - Klaus Filbry im Interview

Kalus Filbry im Interview.
Klaus Filbry erklärt im Interview die Chancen für den SVW durch den neuen strategischen Partner (Foto: WERDER.DE).
Partnerschaft
Donnerstag, 25.01.2024 / 13:30 Uhr

Mit einem strategischen Partner an der Seite stellt sich der SV Werder noch stärker für die Zukunft auf. Die bereitgestellten Gelder erhöhen das Eigenkapital und geben den Verantwortliche größere wirtschaftliche Handlungsfähigkeit. Im Interview mit WERDER.TV erklärt Klaus Filbry, Vorsitzender der Geschäftsführung, unter anderem, wofür die Mittel eingesetzt werden.

Klaus, ihr seid dem Auftrag des Präsidiums nachgekommen und habt mit dem regionalen Bündnis einen strategischen Partner gefunden. Wie froh bist du, dass jetzt Vollzug vermeldet werden konnte?

Ich bin sehr froh. Wir haben vor einiger Zeit mit Pandemie und Abstieg eine extrem harte Zeit durchgemacht. Das hat uns insgesamt 80 Millionen Euro gekostet und war damals noch mal der Startschuss für einen klaren Arbeitsauftrag seitens des Präsidiums und Aufsichtsrats, sich mit dem Thema Minderheitsgesellschafter als strategischem Partner auseinanderzusetzen. Das haben wir als Geschäftsführung getan. Wir haben schon vor einiger Zeit eine Lösung präsentiert, die im Präsidium abgelehnt wurde, zurecht abgelehnt wurde. Jetzt haben wir eine Lösung gefunden, die sowohl im Aufsichtsrat als auch im Präsidium einstimmig begrüßt und angenommen wurde.

Stand jetzt hat die GmbH 18 Prozent der Anteile veräußert und dafür etwa 38 Millionen Euro eingenommen. Kann sich das noch erhöhen?

Das ist jetzt erst mal das, was wir erreicht haben. Es hat über anderthalb Jahre an Gesprächen und juristischer Vorbereitung gebraucht. Ob es irgendwann weitergehen sollte oder nicht, ist heute nicht relevant. Das liegt dann in der Verantwortung des Gesellschafters. Wir sind froh, dass wir ein regionales Bündnis gewinnen konnten, das sich in einer eigenen Gesellschaft zusammengeschlossen hat, um strategisch mit uns in die Zukunft zu gehen.

Die Bewertungen anderer Klubs sind zum Teil deutlich höher ausgefallen als die Bewertung von Werder. Hat sich Werder unter Wert verkauft?

Wir haben uns nicht unter Wert verkauft, sondern sehr genau den Markt angeschaut. Wir haben das im internationalen Kontext geprüft und eine vernünftige, sehr faire, marktgerechte Bewertung erzielt. Die Bewertung haben wir mit dem Gesellschafter und dem Aufsichtsrat intensiv diskutiert. Ich glaube, wir haben uns in keiner Weise unter Wert verkauft.

Hinzu kommt, dass es eine durchaus ‚besondere Lösung‘ ist…

Wir haben eine Lösung mit Bremer Unternehmern, die langfristig dabei sind. Damit haben wir die Vorgaben des Präsidiums umgesetzt, einen kulturellen Fit zu haben, einen Partner zu haben, der die Traditionen, die Werte, die Identität von unserem Verein akzeptiert. Es ist eine Gruppe an Menschen, die alle aus Bremen oder umzu kommen, Werder-Fans sind, uns etwas Gutes tun wollen, keine kurzfristigen Rendite-Erwartungen haben und langfristig dabei sein wollen. Das sind alles sogenannte weiche Faktoren, die für uns sehr positiv sind.

Was wir der Gruppe genehmigt haben, sind zwei Aufsichtsratsmandate. Ansonsten möchten sie im Hintergrund bleiben. Wir werden keine Verhältnisse wie in anderen Vereinen haben, wo sich ein Minderheitsgesellschafter aktiv ins operative Geschäft einbringt. Das wird es hier nicht geben. Wir werden auch keinen Partner haben, der sich permanent zu irgendwelchen Themen äußern wird.

Wir haben ganz viele Rahmenbedingungen erreicht, die seitens des Präsidiums vorgegeben waren und eine hohe Messlatte dargestellt haben, und wirklich einen Partner, der partnerschaftlich an Zukunftsthemen arbeiten möchte, dessen Rollen zugleich sehr klar im Hintergrund aufgehangen ist.

War es schwer, die Partner davon zu überzeugen, bei Werder einzusteigen?

Wir haben Unternehmer und Menschen zusammenbekommen, die Lust haben, in einer Gruppe zusammen zu wirken und zu arbeiten. Menschen, die verstehen, dass sie als Gesellschaft agieren und nicht als einzelne Personen, die sich in dieser Gesellschaft hinter einem Sprecher zurückziehen und ihn für die Gruppe sprechen lassen.

Außerdem konnten wir sie davon überzeugen, dass sie keine kurzfristigen Rendite-Erwartungen an uns stellen. Natürlich sind das Themen, über die man intensive und lange Gespräche führt, in denen man Menschen von einem Weg überzeugen muss. Das ist gelungen.

Es ist nichts nach außen gedrungen.

Ja, wir haben das sehr lange und wirklich vertrauensvoll hinter verschlossenen Türen verhandeln können.

Der Aufsichtsrat wird von jetzt sieben um zwei Plätze auf neun aufgestockt. Hat das auf euch als Geschäftsführung einen Einfluss, weil ihr euch jetzt mit noch mehr Personen abstimmen müsst?

Zunächst einmal freue ich mich, dass Arnd Brüning und Jens Christophers von der Gruppe vorgeschlagen wurden, um in den Aufsichtsrat einzuziehen. Ich glaube, damit bekommen wir weitere unternehmerische Kompetenz. Davon abgesehen wird das Gremium natürlich größer, es besteht mehr Gesprächsbedarf im Gremium und mit uns als Geschäftsführung. Aber das sind Menschen, die kulturell zu Werder Bremen passen und eine hohe Identität mitbringen. Insofern ist das ein sehr positiver Beitrag, den die Gruppe mit den zwei Nominierungen leistet und ich persönlich freue mich auf die Zusammenarbeit.

Harm Ohlmeyer ist Sprecher der Gruppe, nach außen aber auch Teil des Aufsichtsrats. Steht das im Widerspruch?

Das steht in keiner Weise im Widerspruch, da alle Aufsichtsräte dem Wohle von Werder Bremen verpflichtet sind und in ihren Mandaten unabhängig sind. Harm wurde von der Mitgliederversammlung in den Aufsichtsrat gewählt und füllt diese Rolle zum Wohle von Werder Bremen aus; als unabhängige Person. Seine zweite, zusätzliche Funktion, führt er außerhalb des Aufsichtsrats aus und das ist eine sehr dosierte Sprecherrolle für das regionale Bündnis. Das wird er, so wie ich ihn kenne, nur ganz dosiert ausüben. Ich finde es positiv dass sie nicht in den Vordergrund drängen und mitsprechen wollen. Für uns als Werder Bremen war es wichtig, jemanden zu finden, der genau dieses Rollenverständnis hat.

Derzeit gibt es viel Kritik aus der aktiven Fanszene zum Einstieg eines Investors bei der DFL. Inwiefern unterscheidet sich der dortige Einstieg von dem Engagement bei Werder?

Bei der DFL steigt kein Investor ein. Die DFL nimmt eine sogenannte Lizenzierung vor. Sie gründet eine Gesellschaft, in der alle Vertriebsrechte gebündelt werden, und an dieser Gesellschaft beteiligt sich ein Unternehmen, das idealerweise vorab eine Milliarde Euro rein gibt. Dafür wird es über einen Zeitraum von 20 Jahren an den Erlösen beteiligt. Das ist das Modell der DFL und das ist Wachstumskapital für Themen wie Digitalisierung, Infrastruktur und Internationalisierung.

Wir haben hingegen ein Modell mit einer Kapitalerhöhung durch einen Minderheitsgesellschafter. Ein Partner, der 50+1 unterstützt, ein klares Rollenverständnis hat, langfristig dabei ist, nicht ins operative Geschäft eingreifen möchte und Lust hat, als regionale Lösung mit uns das Thema Werder Bremen voranzubringen, weil sie eine hohe Identität und Leidenschaft für diesen Verein haben.

Für viele besteht die Gefahr, dass dies nur die Vorstufe ist, um 50+1 zu beenden – wie siehst du das?

Es gibt seitens unserer Gesellschaft und seitens des regionalen Bündnisses ein klares Bekenntnis zu 50+1. Beide haben sich sehr klar für 50+1 ausgesprochen. Die Verträge sind sogar so gestaltet, dass unser strategischer Partner nur innerhalb dieser Gesellschaft aktiv ist, solange der e.V. der Mehrheitsgesellschafter bei Werder Bremen ist. Sollte der e.V., was nicht vorkommen wird, irgendwann mal nicht mehr Mehrheitsgesellschafter sein, hat dieses regionale Bündnis die Möglichkeit, ihre Anteile zu verkaufen. Das ist ein sehr klares Bekenntnis zu 50+1 und eins, an der Seite des e.V. als Minderheitsgesellschafter zu wirken.

Sollte der strategische Partner seine Anteile verkaufen wollen, was ich nicht glaube, hat Werder Bremen immer ein Rücktrittsrecht, das ganz wichtig ist. Wir haben immer das Heft des Handelns bei uns. Zudem gibt es eine Sanktionsliste. Sprich: Selbst wenn die Frist abgelaufen ist und der Partner verkaufen möchte, gibt es dort klare Vorgaben, an wen verkauft werden dürfte und an wen nicht. Auch dann hat Werder Bremen immer das erste Vorkaufsrecht.

Dieses Engagement hilft sicherlich, um z.B. das negative Eigenkapital auszugleichen. Aber was passiert, wenn Werder noch einmal in eine Krise, beispielsweise durch einen Abstieg, gerät?

Ich bin davon überzeugt, dass das nicht passiert. Wir haben jetzt einen anderen wirtschaftlichen Handlungsspielraum. Wir können Geld in das Kerngeschäft Fußball investieren und damit Wachstum generieren. Gleichzeitig werden wir den Weg der wirtschaftlichen Vernunft nicht verlassen. Wir werden intelligent investieren und möchten junge, talentierte Spieler in einem Alter von 16 bis 22 verpflichten, bei denen wir Entwicklungspotenzial sehen und hoffen, dass sie sich durch die Station Werder Bremen weiterentwickeln, so dass sie irgendwann einen deutlich höheren Marktwert haben.

Wir möchten mit dem Geld Wachstum generieren und uns sportlich weiterentwickeln. Zugleich sind wir in der Lage, infrastrukturelle Projekte anzuschieben, um vor Kreditgebern in einer anderen Verhandlungsposition zu sein. Das ist positiv.

Wir werden des Weiteren in strategische Felder wie Digitalisierung investieren, um auch dort den Verein voranzubringen. In unserer Strategie, dem „Spielplan“, den ich bei der letzten und vorletzten Mitgliederversammlung vorgestellt habe, war genau das ein wesentlicher Bestandteil. Das jetzige Engagement gibt uns die Möglichkeiten, in Themen wie Digitalisierung zu investieren und noch besser für unsere Fans zu werden, den Service noch weiter zu erhöhen. Wir können agieren und müssen nicht mehr reagieren. Und wir haben die Auswirkungen der Pandemie und des Abstieges hinter uns gelassen.

Klar ist, dass der Kapitalbedarf zukünftig bleiben wird. Gibt es bereits Überlegungen zu weiteren Schritten, wie einem Börsengang oder eine weitere Kapitalerhöhung?

Das ist nicht geplant und passt auch nicht zur Struktur von Werder Bremen. Wir haben jetzt den Auftrag des Gesellschafters, verbunden mit dem Auftrag des Aufsichtsrats, umgesetzt. Und ich finde, wir sollten jetzt auf die Stopptaste drücken, dieses Konstrukt mit Leben füllen, miteinander den Weg gehen und dann muss der Gesellschafter für sich reflektieren: Ist das gut? Ist das schlecht? Wie möchte ich diesen Weg weitergehen? Jetzt schon über die Zukunft nachzudenken, wo man die Gegenwart erst mal ans Laufen bringen muss, halte ich für verfrüht.

 

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