Zu Beginn des Abends referierte der Historiker Prof. Dr. Lorenz Peiffer zunächst über die vor fast genau 90 Jahren veranstalteten Meisterschaften und erklärte über die Besonderheit dieses sportlichen Ereignisses auf: „Die Nazis erlaubten das jüdische Sportereignis, da sie Angst hatten andere Nationen könnten die Olympiade 1936 in Berlin boykottieren.“ Jüd:innen wurden nach 1933 oftmals in vorauseilendem Gehorsam von den Sportvereinen in Deutschland ausgeschlossen, ohne dass es eine derartige Vorgabe durch die Nationalsozialisten gab. Dies hatte laut Peiffer zur Folge, dass sie neue jüdische Sportvereine gründeten, die aber maximal bis zur Reichspogromnacht 1938 bestehen konnten.
Nach Peiffers Blick in die Vergangenheit eröffnete Ralf Lorenzen das Podium und bot den Gästen die Möglichkeit, einen aktuellen Blick auf jüdischen Sport und jüdisches Leben aber auch auf Antisemitismus in Deutschland zu werfen. So berichtete Arkadji Gringhaus, Präsident von Makkabi Bremen, dem Publikum zunächst von dem vor über 20 Jahren gegründeten jüdischen Sportverein, der seinen 50 Mitgliedern vor allem Tischtennis, Schach und Basketball anbietet. Esther Belgorodski, Daniel Levi Uschpol und Lisa Michajlova gewährten den über 70 Anwesenden anschließend sehr persönliche Einblicke in ihr Leben als junge jüdische Menschen in Deutschland und wie sich dieses seit dem 07. Oktober verändert hat. Belgorodski beschrieb eindrücklich wie verbindend im letzten Jahr das Spiel von Makkabi Berlin gegen den VfL Wolfsburg im DFB-Pokal war. „Dort spielten jüdische und nicht jüdische Menschen Fußball mit dem Davidstern auf der Brust. Ich kenne nur wenige Jüd:innen, die sich nicht extra dafür auf den Weg nach Berlin gemacht haben. Wir sangen zusammen hebräische Lieder. Das war eine Sichtbarkeit, die wir sonst vorher so in Deutschland kaum hatten.“
Doch der Angriff der Hamas auf Israel und dessen Folgen haben auch die Situation in Deutschland grundlegend für sie verändert: „Vor zwei Jahren habe ich noch die jüdischen Campuswochen in Bremen organisiert. Das war damals schon schwierig, aber heute wäre es schlichtweg nicht mehr möglich. Wir könnten die Sicherheit der Teilnehmenden nicht mehr garantieren.“ Diese stark negative Entwicklung bestätigte auch Lisa Michajlova, die aus Tel Aviv zugeschaltet war. Die erfolgreiche Makkabi-Tischtennisspielerin ging ebenfalls auf die Situation an den deutschen Universitäten ein: „Eigentlich sehe ich mich weiterhin im akademischen Betrieb. Ich möchte meinen Doktor machen und Professorin werden, allerdings bezweifle ich, dass das aktuell für eine Jüdin an deutschen Universitäten ohne Probleme möglich ist.“
Von den Eindrücken stark ergriffen erneuerte der Präsident des SV Werder Bremen, Dr. Hubertus Hess-Grunewald, die Notwendigkeit gegen Antisemitismus einzutreten und jüdischer Geschichte in Bremen, im heutigen wohninvest WESERSTADION und beim SV Werder zu erinnern. „So verhindern wir, dass die Nationalsozialisten ihr Ziel erreichen diesen Teil der Historie auszulöschen. Deshalb werden wir auch in Zukunft weiter derartige Veranstaltungen organisieren und versuchen jüdischen Stimmen einen Raum zu geben.“